Hilfe, mein Baby verweigert die Brust! - 8 Ursachen und Lösungen bei Stillstreiks

Baby verweigert Brust – Wie äußert sich ein „Stillstreik“? - Die Ausgangssituation

Ein Klassiker, der viele Mütter verzweifeln und zur Flasche – also natürlich zum Fläschchen – greifen lässt: das Baby verweigert die Brust!

Meist ist die Situation folgende: Seit der letzten Stillmahlzeit ist ausreichend Zeit vergangen. Vielleicht hat das Baby auch gerade ein Nickerchen gemacht und wacht gerade auf? Und jetzt schreit es wie am Spieß.

Mama bereitet sich aufs Stillen vor, positioniert das Baby an der Brust – aber es trinkt einfach nicht und schreit stattdessen die Brust an! Alle Versuche, das Baby zum Andocken und Trinken zu motivieren, scheitern.

Das Baby windet sich, streckt sich durch und rutscht aus der Stillposition.

Bekommt es doch die Brust zu fassen, dockt es hektisch an und wieder ab – und löst möglicherwiese dabei den Milchspendereflex aus und wird geduscht. Oder es dreht den Kopf (mit der Brust im Mund?) so unangenehm hin und her, dass Mama den Versuch von sich aus abbricht. Oder der Worst Case: das Baby kneift mit seinem zahnlosen Kiefer zu – in die Brust – autsch.

Viele Mütter, die das erleben, sorgen sich und fangen an, das Stillen in Frage zu stellen. „Ob irgendwas mit meiner Milch nicht stimmt? Vielleicht schmeckt sie nicht mehr? Vielleicht will mein Baby lieber ein Fläschchen?“

Kommt dir bekannt vor? Dann bist du hier richtig! Steig nicht einfach aufs Fläschchen um! Wir kriegen das wieder hin!

Wie lange dauert ein Stillstreik?

Einen „Stillstreik“ zu beenden kann je nach Ursache zwischen 5 Minuten (Jep!) und ein paar Stunden dauern. Nur in den seltensten Fällen steht das Stillen komplett auf dem Spiel. Wenn du dir die verschiedenen Ursachen und Lösungen anschaust, wirst du sehen, was ich meine!

Wann tritt ein Stillstreik auf?

Häufig wird die Zeit zwischen 3. und 4. Lebensmonat als die Phase beschrieben, in der Babys am ehesten die Brust verweigern. Je nach Ursachenkonstellation kann ein Stillstreik meines Erachtens jedoch in der kompletten Stillzeit auftreten. Es ist also sinnvoller zu schauen, was dahinter steckt, wenn das Baby die Brust verweigert, als auf den Kalender zu gucken.

Stillstreik, Brustschreiphase, Brustschimpfphase oder Saugverwirrung?

Ein unruhiges, zappelndes Baby, das die „Brust anschreit“ und sich beim besten Willen nicht zum Stillen bewegen lassen will – diese Symptome werden gemeinhin als Stillstreik, Brustschimpfphase oder Brustschreiphase bezeichnet.

Dir ist es ziemlich Wurscht, warum ich diese Begriffe nicht hilfreich finde und willst lieber direkt wissen, was du tun kannst, wenn dein Baby deine Brust anschreit? Dann lies direkt hier weiter.

 Ich finde die Begriffe alle nicht besonders treffend – um nicht zu sagen irreführend.

Stillstreik

Ein Streik wird ja gezielt und strategisch durchgeführt, um etwas zu bezwecken – eine Forderung durchzusetzen, die auf „normalem“ Wege kein Gehör findet. Babys haben aber keine Agenda und sind zu strategischem Denken nicht fähig (dazu sind ihre Gehirne einfach nicht ausgereift genug). Sie kommunizieren alle ihre Bedürfnisse sehr direkt.

Kein Baby würde einen Stillstreik durchführen, damit Mama einen schöneren Kinderwagen kauft. Dass Babys die Brust verweigern, obwohl sie eigentlich Hunger haben und auf das Stillen zum Überleben angewiesen sind, macht noch viel weniger Sinn.

Wenn dein Baby also schreit und nicht an der Brust trinken mag, liegt das in erster Linie vermutlich gar nicht daran, dass es Hunger hat, sondern weil der Schuh woanders drückt.

Brustschimpfphase / Brustschreiphase

Auch das Wort „Brustschimpfphase“ bzw. „Brustschreiphase“ führt auf die falsche Fährte. Es suggeriert, dass es eine Phase ist, durch die man durch muss, die normal ist und „dazu gehört“ zu einem Babyleben, so wie schlechte Laune beim Zahnen oder unruhiger Schlaf, wenn tagsüber neue Entwicklungsmeilensteine erreicht wurden.

Saugverwirrung

Von einer Saugverwirrung wird meist gesprochen, wenn das Baby bereits sehr zeitig mit künstlichen Saugern (Schnuller, Brusthütchen oder Fläschchen) konfrontiert wurde und dann nicht mehr an der Brust trinken will. In meinen Augen haben sich die Babys entweder auf die weniger anstrengende Trinktechnik am Fläschchen spezialisiert, wo die Milch meist von allein heraustropft oder ein Kommunikationsmissverständnis sorgt dafür, dass nur das Stillen mit Fläschchen klappt (siehe „Die Ursache, die kaum einer kennt“).

8 Ursachen für den "Stillstreik", Lösungsansätze und Einschätzung

Mindmap Ursachen Stillstreik Baby verweigert Brust

Du willst schnelle Lösungen? Dann klick auf die Aussagen, die auf euch zutreffen und lies nur das, was dir weiterhilft!

Ursache 1: Dein Baby verweigert die Brust, weil es krank ist

Für Geschrei beim Stillen können Erkrankungen des Kindes sorgen – insbesondere Infektionen im Mund wie Soor oder Hand-Mund-Fuß, Zahnungsschmerzen und ganz allgemein Schmerzen.

Auch und besonders Ohrentzündungen sorgen dafür, dass Kinder sind nicht auf der Seite lagern oder gar ablegen lassen (wie das beim Stillen häufig der Fall ist) – weil im Liegen das Ohr besonders weh tut.

Mit einer verschnupften Nase funktioniert das abwechselnde Saugen und Atmen schlecht bis gar nicht – das sorgt für Frust und Geschrei beim Baby.

Lösung: ab zum Arzt und Weiterstillen

Macht dein Kind einen kranken Eindruck, hat Fieber und äußerliche Symptome: ab zum Arzt und abklären lassen! Gegen kleine Schnupfennasen helfen abschwellende Nasentropfen für Säuglinge oder ein paar Tropfen Muttermilch, die am besten vom Finger in die Nasenlöcher getropft werden. Bei Ohrenentzündungen funktionieren veränderte Stillpositionen, z.B. im aufrecht im Sitzen Bauch-an-Bauch, um die schmerzhafte Lagerung auf der Seite zu vermeiden.

Meine Einschätzung: Ist dein Baby wirklich krank?

Krankheiten und co können definitiv Ursachen für schlechtes Trinkverhalten und generelles Schreien und Unwohlsein beim Baby darstellen.

Allerdings ist meine Erfahrung, dass ein krankes (insb. fieberndes) Kind zwar möglicherweise seltener trinkt (so wie man als Erwachsener mit Grippe auch über Appetitlosigkeit klagt und wenig zu sich nimmt) aber nicht grundsätzlich die Brust verweigert oder gar anschreit. Denn gegen Schmerzen helfen sowohl der Zucker in der Muttermilch als auch die durchs Saugen ausgeschütteten Glückshormone, weshalb sich kranke Kinder gern durch Stillen beruhigen lassen. Und die Mutterbrust ist bei Krankheit oft ein sehr angenehmer Tröster, weil da die schützende Nähe einer Bezugsperson ganz besonders greifbar ist.

Schreit dein Baby trotzdem weiter die Brust an, obwohl die Kinderärztin dein Baby erfolgreich behandelt hat? Und was, wenn dein Baby gar nicht krank ist?

Ursache 2: längere Trennung zwischen Mutter und Kind

Eine (Dienst)Reise, ein geplanter oder ungeplanter Krankenhausaufenthalt von Mutter und/oder Kind kann einer Stillbeziehung einen tüchtigen Knacks verpassen und zu einem veränderten Trinkverhalten führen. Wird das sonst übliche Stillen mit einem Fläschchen kompensiert, kann sich eine Saugverwirrung einstellen.

Lösung: Geduld

Durch eine Trennung kann beim Baby Vertrauen in die Mutter verloren gehen – Vertrauen, das erst wiedergewonnen werden muss. Und das benötigt meist (Beziehungs-)Arbeit und Zeit. Intensives Kuscheln und regelmäßige Stillversuche können dabei helfen, die Stillbeziehung neu zu etablieren.

Abpumpen und das Verfüttern von Muttermilch oder die Nutzung von Stillhütchen können Ideen für die Übergangszeit sein.

Ausgebildete Stillberaterinnen können professionelle Hilfe leisten, eure Stillbeziehung wieder ins Lot zu bringen. Kontakte zu Stillberaterinnen findest du über die LaLecheLiga, die Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS), oder das Still-Lexikon.

Meine Einschätzung:

Ja, eine längere Trennung kann dafür sorgen, dass sich Baby und Mutter entfremden – und sich das Baby manchmal sogar abstillt.

Aber das passt selten oder gar nicht zur Ausgangssituation, die von vielen Müttern berichtet wird, die keine Sekunde vom Kind getrennt waren. Es lohnt sich, trotzdem noch die anderen Lösungsansätze anzuschauen!

Ursache 3: Schreck oder Schmerz beim Stillen

Eine mögliche und gravierende Ursache für den Stillstreik (die ich selber erlebt habe und bestätigen kann): das Baby hat sich beim Stillen erschreckt. Das kann z.B. durch ein lautes Geräusch passieren – wenn Mama plötzlich aufschreit, weil das Baby in die Brust gebissen hat. Oder das Baby hat sich im Moment des Stillens verletzt (durch einen Insektenstich, eine Impfung, eingeklemmte Haut, ein verkleckertes Heißgetränk, das man beim Stillen nie über das Baby halten sollte (!!!), …) und assoziiert jetzt das Trinken an der Brust mit diesem Schrecken oder Schmerz.

In der Folge verweigert das Baby die Brust – vor allem die Seite, an der gerade getrunken wurde.

Lösung: Geduld und kreatives Stillen

Da hilft nur Geduld und kreative Stillpositionen. War das Baby beim Schreck nach links geneigt, versuche, es nach rechts geneigt an derselben Brust trinken zu lassen. Lass dich bei Bedarf im Netz zu verschiedenen Stillpositionen inspirieren (Vierfüßlerstand, Football-Haltung, Stillen im Liegen). Verändere dann schrittweise die Lagerung deines Kindes, sodass du zur bequemeren Ausgangs-Stillposition zurückfindest. Das kann eine Weile dauern – achte auf die Reaktionen deines Kindes.

Vorübergehend kann ein Umstieg auf das Füttern abgepumpter oder ausgestrichener Milch zu einer Entspannung der Situation beitragen.

Meine Einschätzung:

Für Mutter und Kind definitiv unangenehm und eine ernst zu nehmende Ursache für einen „Stillstreik“. Wenn du dich an eine passende Situation erinnern kannst, probier die anderen Stillpositionen aus und schau, ob sich das Problem löst.

Lies bitte weiter, wenn auch die Art der Lagerung beim Stillen bzw. ein Seitenwechsel keine Lösung bringen und dein Baby weiterhin nicht an der Brust trinken will!

Ursache 4: Ungewohnte Umgebung

Häufig als Grund für einen Stillstreik genannt wird die „ungewohnte Umgebung“, die dazu führt, dass dein Baby die Brust verweigert.

Ist dein Baby sehr sensibel und lässt sich leicht irritieren und ablenken, KANN es sein, dass es sich an ungewohnten Orten (z.B. im Urlaub oder wenn ihr irgendwo zu Besuch seid) schlechter stillen lässt.

Möglicherweise überträgt sich auch das Unwohlsein der Mama aufs Kind und erzeugt eine unentspannte Situation, die das Stillen erschwert.

Lösung: Reize reduzieren, Entspannung schaffen

Eine mögliche Lösung ist natürlich, grundsätzlich fremde Situationen zu meiden und zu Hause im gewohnten Schaukelstuhl/Bett/Sofa zu stillen. FALLS das überhaupt den gewünschten Effekt bringt!

Alternativ können unterwegs ein Stillschal (die gute alte Mullwindel tut es auch) oder ein anderer Sichtschutz helfen, dein Baby von äußeren Reizen abzuschirmen. Mit Geräuschen ist das etwas schwieriger – meist sind Noise-Cancelling Kopfhörer erst für größere Kinder geeignet. 😉

Meine Einschätzung: „Ursache“ passt nicht zur Ausgangssituation

Ich streite nicht ab, dass es Kindern schwer fallen kann, in fremder Umgebung entspannt zu stillen. Meine Erfahrung ist aber, dass Babys in solchen Situationen gar nicht aus vollem Halse schreien, sondern sich neugierig umgucken, was da spannendes um sie herum passiert. Und wenn die Umgebung aufregender ist, kommt Mamas Milch einfach nicht dagegen an. Ein Ortswechsel kann dann durchaus angebracht sein.

Ich meine aber, dass die Ablenkung durch die ungewohnte Umgebung nicht die Ursache für das Anschreien der Brust ist. Lies also bitte weiter, wenn du ebenfalls etwas anderes vermutest!

Ursache 5: Unangenehme Gerüche

Benutzt du ein anderes Waschmittel? Ein neues Deo oder hast das tolle neue Duschgel ausprobiert, dass dir eine Freundin ins Baby-Willkommens-Geschenk gepackt hat? Hat jemand in der Umgebung geraucht? Habt ihr die Wände frisch gestrichen?

Vielleicht stört dein Baby sich an diesem fremden Geruch und ist irritiert, dass es jetzt an einer Orangen-AloeVera-Brust saugen soll oder an ein T-Shirt mit Tabakgestank gekuschelt wird?

Lösung: mit Duftstoffen sparsam umgehen und Hygiene nicht übertreiben

Grundsätzlich halte ich es für sinnvoll, auf stark duftende Dinge zu verzichten – zu hoch sind mögliche Gesundheitsbeeinträchtigungen, insbesondere durch synthetische Duftstoffe. Rauchen in Gegenwart eines Babys ist ebenfalls ein No-Go und in einem frisch gestrichenen Raum sollten sich Baby und Mutter auch nicht aufhalten.

Auf eine übertriebene Körperhygiene mit viel Seife oder gar Desinfektionsmitteln darfst du ebenfalls verzichten. Die Brust muss nicht vor jedem Stillvorgang gewaschen werden – die dort wohnenden Mikroorganismen machen einen guten Job (und sind nebenbei gut für Babys Darmflora).

Eine Ausnahme sind Kompressen wie Quarkwickel oder industriell hergestellte Kompressen, deren Überreste du vorher abspülen solltest. Wenn die Stilleinlagen miefen, solltest du sie ebenfalls austauschen. Statt Deo-Sprays mit Druckluft vielleicht lieber ein Pumpspray oder einen Deostift benutzen (falls überhaupt – dein Baby liebt dich trotzdem, auch wenn du müffelst).

Meine Einschätzung: tatsächlich nur gaaanz wenige Babys betroffen

Dass Babys zu intensive Düfte störend finden, kann ich mir grundsätzlich vorstellen, würde dann aber behaupten, dass das Schreien schon eher losgehen müsste als beim Stillen. Also auch hier: Gerüche sind vermutlich nicht die Hauptursache für das Geschrei.

Vor allem, wenn du eh schon sparsam mit duftenden Waschmitteln und co. umgehst, ist ein Seifenwechsel wohl selten die Lösung.

Auch hier streite ich nicht ab, dass es hochsensible Babys gibt, die mit ungewohnten Reizen schlecht umgehen und schneller gestresst reagieren und möglicherweise dann auch das Stillen verweigern.

Die meisten Babys sind aber grundsätzlich flexibel, was den Duft der Umgebung angeht und sind in der Lage, sich neuen Gegebenheiten anzupassen. Es würde in meinen Augen auch evolutionstechnisch wenig Sinn machen, wenn das Steinzeit-Baby sich von seiner nomadischen Jäger/Sammler-Mutter nicht mehr stillen ließe, nur weil es gerade nicht angenehm nach Wald, sondern penetrant nach Mammut-AA duftet.

Darüber hinaus gibt es auch andere Stimmen, die sogar positiv von Düften überzeugt sind und eine gewisse Konditionierung auf einen Duft für sinnvoll halten. Zum Beispiel beim Schlafen. Durch regelmäßiges „Beduften“ der Kinder, z.B. mit hochwertigen (!) ätherischen Ölen wie Lavendel in angenehmen Situationen wie beim Stillen, wird eine positive Verknüpfung von Stillen mit diesem Duft im Gehirn erzeugt. Die soll es den Kindern erleichtern, nachts ruhig weiterzuschlafen (es riecht ja „nach Mama/Stillen“).

Ich halte die Geruchs-Theorie also nicht für „breitenwirksam“ – ich denke, dass nur ein winziger Bruchteil aller Babys betroffen ist und würde eher empfehlen, bei anderen Ursache-Lösungs-Paketen anzusetzen, die mehr Erfolg versprechen.

Ursache 6: die Milch schmeckt anders/schlecht

  • Du leidest an einer von Bakterien verursachten Brustentzündung (Mastitis)?
  • Du musst neue/andere Medikamente nehmen, die in die Muttermilch übergehen?
  • Du hast viel Sport getrieben?
  • Du hast Alkohol getrunken oder geraucht?
  • Du hast viel Knoblauch und Zwiebeln gegessen oder anderes stark gewürztes, ungewohntes Essen?

Ja: es gibt tatsächlich Stoffe, die aus der Nahrung durchs Blut bis in die Muttermilch wandern und deren Geschmack verändern (können). Durch intensiven Sport kann das entstehende Laktat (Milchsäure in den Muskeln) den Geschmack der Milch salzig machen

Lösung

Wenn der Geschmack der Muttermilch tatsächlich das Trinkverhalten der Kinder beeinflusst, sollte der Geschmack der Milch möglichst konstant gehalten werden. Auf die Medikamente, Alkohol und Nikotin sowie bestimmte Nahrungsmittel müsste verzichtet werden. Als kurzfristige Lösung müsste die schlecht schmeckende Milch ausgestrichen und weggeworfen werden.

Langfristig wäre ein Umstieg auf Pulvermilch unvermeidbar… ODER?

Meine Einschätzung:

Die Vermutung, dass die Milch sich geschmacklich so stark verändert hat, dass das Baby deshalb die Brust verweigert halte ich für, gelinde gesagt, überbewertet. Okay, ich halte sie für Blödsinn.

Denn welche Nahrungsmittel oder Medikamente sich geschmacklich auf welche Art auswirken ist m.E. nicht sicher belegt – für Hinweise auf wissenschaftliche Quellen wäre ich an dieser Stelle dankbar. Und falls man den leicht verrückten Lösungsansatz durchzieht und so lange Milch aus der Brust ins Waschbecken streicht bis sie wieder genießbar ist: wer könnte bewerten, ab wann die Milch wieder gut schmeckt, um sie ans Baby zu verfüttern?

Auch aus evolutionärer Sicht macht es wenig Sinn, dass die komplett von Milch abhängigen Babys auf einmal wählerisch werden, wenn es um Geschmacksrichtungen geht und sie ihren Müttern übel nehmen, was diese an Nahrung zur Verfügung haben.

Dass Frauen mit einer Brustentzündung weiterstillen sollten, auch bei Antibiotika-Einnahme, ist unter medizinischem Personal weitgehend Konsens. Fast alle diese Mütter können berichten, dass ihre Kinder trotzdem weiter stillen wollten.

Bei Medikamenten, die nur kurzfristig eingenommen werden sollen und deren Wirkstoffe in die Milch übergehen, ist zu überlegen, ob man tatsächlich eine Stillpause einlegt, aber das war ja gar nicht die Frage. Es geht ja hier um den Geschmack, weshalb das Baby angeblich die Brust ablehnt.

Auf Alkohol und Zigaretten zu verzichten, ist allein aus gesundheitlichen Gründen sinnvoll. Die rein geschmacklichen Auswirkungen halte ich im Gegensatz zu den Auswirkungen von Alkohol und Nikotin für vernachlässigbar.

Ich bin der Überzeugung, dass der Geschmack der Milch nicht die Hauptursache für das Schrei-Problem ist!

Bevor du jetzt also anfängst, auf alle Sachen zu verzichten, die dir schmecken, wichtige Medikamente abzusetzen oder gar deine wertvolle Muttermilch wegzuschmeißen, probier lieber noch die folgenden Tricks aus!

Ursache 7: Überreizung, Übermüdung

Aufgrund einer Reizüberflutung im Laufe des Tages, kann sich das Baby nicht mehr beruhigen, schreit und bekommt nix mehr auf die Reihe – nicht mal Stillen, weshalb es die Brust verweigert.

Lösung: Reize reduzieren, Tagesablauf „entstressen“

Schau auf euren Tagesablauf und euren Wochenplan. Wie viele (auswärtige) Termine müsst ihr stemmen? Möglicherweise sind Babyschwimmen am Montag, Stilltreff am Dienstag, Rückbildungsgymnastik am Mittwoch und PEKiP-Kurs am Donnerstag ein bisschen zu viel, wenn ihr nebenher auch noch einkaufen gehen müsst und nachmittags noch Besuch vorbei schaut. Dein Baby braucht diese Termine alle nicht – eher die Eltern – und das sei ihnen auch gegönnt. Ihr solltet aber sorgfältig abwägen, ob es das wirklich wert ist, dass euer Baby sich regelmäßig den Stress aus dem Leibe schreien muss.

Tragen am Körper in einem Tragetuch oder einer Babytrage, hilft deinem Baby, zur Ruhe zu finden und sich den Reizen der Außenwelt zu entziehen.

Meine Einschätzung:

Babys verarbeiten Stress und Überreizung mit intensivem Schreien. Meist kommt es dazu, weil wir Eltern es verpassen, auf die zeitigen Zeichen einzugehen, die unser Baby sendet. Wenn du wissen willst, wie dein Baby „sagt“, dass es „zu viel“ hat, schau dir meinen Kurs „Babygeflüster“ an.

Häufig konkurrieren in solchen Situationen mehrere Bedürfnisse in deinem Baby miteinander – da immer das Richtige zu treffen, ist schwierig, und es hilft nur ausprobieren, was gerade am dringendsten gebraucht wird. Grundsätzlich sind das die Bedürfnisse nach Ruhe/Schlaf vs. das Bedürfnis nach Nahrung vs. das Bedürfnis nach Ausscheidung (damit geht es im nächsten Punkt weiter).

Du kannst also nacheinander versuchen, dein Baby in die Trage zu nehmen, es anzulegen oder es abzuhalten. Sollte alles nichts helfen, behalte dein Baby auf dem Arm, reduziere die Umgebungsreize und halte mit viel Verständnis das Schreien aus und versuche, es mit den Strategien aus meinem „Babygeflüster“-Kurs zu beruhigen.

Dein Baby trinkt immer noch nicht an der Brust, obwohl alles ruhig und stressfrei ist? Lies bitte weiter bzw. spring zum letzten Punkt!

Die Ursache, die dir keiner sagt: die Blase drückt / der Darm drückt

Schau dir nochmal genau die Situation an, in der dein Baby die Brust verweigert: Hat es gerade geschlafen? War es gerade längere Zeit im Tragetuch oder der Trage?

Dann verrate ich dir etwas, das leider viel zu wenige Menschen wissen: dein Baby schreit höchstwahrscheinlich, weil Blase und/oder Darm drücken. Dein Baby muss mal!

Wenn du dir jetzt denkst: „Das hab ich noch nie gehört! Das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen.“ – lies bitte noch den Absatz fertig, er wird dir vermutlich den Umstieg aufs Fläschchen und weitere Missverständnisse ersparen!

Hier die Ultra-Kurzfassung zu den Hintergründen:

  1. Alle Babys haben grundsätzlich ein Bewusstsein für und Kontrolle über ihre Schließmuskel und der Entleerungsmuskulatur (sowohl Darm als auch Blase). Sonst würden sie permanent tröpfeln und kleckern, was sie nicht tun (gab es auch eine wissenschaftliche Studie dazu, wo Babys auf die volle Blase gedrückt wurde – alle hielten dicht!). Ein „großes Geschäft“ mit viel Rumms hast du bei deinem Baby bestimmt auch schon mal beobachtet – da steckt echtes und bewusstes Muskel-Ansteuern dahinter! Soweit einleuchtend?
    Dann folgt Punkt 2:
  2. Babys wollen ihre Bezugspersonen und „ihr Nest“ (z.B. ihre Kleidung) nicht beschmutzen. Sie warten grundsätzlich darauf, dass man sie ohne Kleidung abhält. Sie halten eine ganze Weile ein, bis die Windel ab ist oder niemand reagiert und der Druck zu groß wird. Du bist vermutlich auch mal in den Genuss eines Piesel-Springbrunnens auf dem Wickeltisch gekommen – genau in dem Moment, wo die Windel ab war!

Babys meckern, weil sie mal müssen! Da das leider nur wenige Menschen wissen (auch und vor allem bei Kinderärzt:innen gibt es da eine große Wissenslücke), entspinnen sich aus diesem Schreien die wildesten Vermutungen, was das Kind haben könnte (siehe alle Punkte oben drüber) – und Bauchweh ist da schon ziemlich nah dran. Denn Einhalten tut auf Dauer weh.

Bekommt dein Baby nun in dieser Situation die Brust angeboten, wird es verweigern. Du würdest vermutlich auch nicht erst noch in aller Ruhe eine Tasse Kaffee schlürfen, wenn du schon unruhig hin und her tänzelst und stattdessen lieber nach dem nächsten Klo fragen.

Eine Lösung, die wirklich hilft: Baby abhalten

Solltest du also das Gefühl haben, dein Baby verweigert die Brust, will nicht mehr gestillt werden und keine der anderen Ursachen kommt dir passend vor, probier‘ Folgendes aus: zieh deinem Baby die Windel aus und halte es so, dass die Beinchen angehockt sind, über die Kloschüssel (oder setze es auf ein Töpfchen). Wenn es nach, sagen wir, 30 Sekunden nicht gepieselt oder gekackert hat, darfst du nochmal über die anderen Ursachen nachdenken.

Das war’s schon. Nach dem Geschäft das Baby wieder ankleiden und einen neuen Stillversuch unternehmen.

Baby trinkt nicht an der Brust? Abhalten kann das Problem lösen!

Meine Einschätzung: hochgradig erfolgversprechend

Mein absoluter Ursachen-Favorit und m.E. in locker 90% aller Fälle anwendbar und effektiv.

Jetzt wirst du vielleicht einwenden:

  1. Ich kenn echt NIEMANDEN, der sein Baby abhält!
  2. Ich bin doch nicht bescheuert und halt mein Baby übers Klo!
  3. Dafür gibt es doch Windeln und da macht mein Baby auch regelmäßig rein!
  4. Und ultimativ: Aber warum trinkt mein Baby dann aus dem Fläschchen? Das haben wir in unserer Verzweiflung dann nämlich ausprobiert und das Baby hat getrunken!

Zu 1) Ja, ich kenne auch nur wenige Menschen, die ihre Babys abhalten. Es ist halt leider wenig bekannt. Aber gib mal „windelfrei“ in deine Suchmaschine ein – du wirst Foren und Windelfrei-Coaches finden, in denen Menschen ihre Babys abhalten. Ich hab bei meinem zweiten Kind mit dem Abhalten angefangen, als ich nach der Geburt wieder fit war, aufzustehen – also an Tag 2!

Zu 2) Ich sag auch nicht, dass du jetzt ständig und überall dein Baby hinpullern lassen sollst! Es geht hier ja „nur“ darum, die Ursache für den „Stillstreik“ zu finden und zu beheben. Und da du immerhin den Artikel bis hier hin gelesen hast, scheint es dir ein ernstes Thema zu sein. Du hast nichts zu verlieren, wenn du das Abhalten ausprobierst! Es ist letztenendes nix anderes, als wenn du die Windel wechselst – nur, dass du zwischendurch dein Baby hoch nimmst und irgendwo drüber hältst. Und wenn es keine Besserung bringt, kannst du dich hier per Mail bei mir beschweren!

Zu 3) Ich bin keine Gegnerin von Windeln – meine Kinder trugen auch lange Zeit welche! Die Dinger sind super praktisch, vor allem weil kleine Babys extrem oft „müssen“ und man es im normalen Alltag unmöglich schafft, auf jedes Signal zu reagieren und jedes Pipi von der Windel fern zu halten. Aber im Grundsatz sagen alle Babys Bescheid und halten ziemlich lange aus, bevor sie in die Windel machen.

Zu 4) Warum der Umstieg auf Fläschchen „hilft“? Dazu sage ich: Fast alle Fläschchen sind so konzipiert, dass automatisch Milch rausläuft – auch wenn das Baby nicht aktiv saugt. Bekommt das Baby das Fläschchen in den Mund gesteckt, kann es entweder trinken oder sich verschlucken und husten. Die meisten Babys entscheiden sich nach einigem Ringen fürs Trinken und machen kurz darauf in die Windel. Danach ist dann auch Ruhe und das Baby trinkt relativ entspannt.
Es kann auch sein, dass sich dein Baby in der Zeit, in der du ein Fläschchen warm machst, doch entschließt, in die Windel zu machen und dann anstandslos trinkt.

Aber egal, ob du mit Brust oder Fläschchen stillst – für dein Baby ist es sicherlich entspannter, mit leerer Blase frisch befüllt zu werden. Du wärst anderen Menschen vermutlich auch eher dankbar, wenn sie dir nicht einfach die Kaffeetasse an den Mund setzen und dich zum Trinken nötigen, sondern dir freundlich den Weg zum Bad weisen.

Du hältst das mit der drückenden Blase für plausibel, aber du kannst dir das mit dem Abhalten immer noch nicht so richtig vorstellen, wie du das praktisch umsetzen sollst?

Komm in meinen Onlinekurs „Windelfrei mit Babys – Kommunikation statt Töpfchentraining“! Die nächsten Termine findest du hier in der Übersicht.

Erste Hilfe für Mütter, die unter einem "Stillstreik" leiden

Durch einen „Stillstreik“ kommen Mütter schnell in Not (und spätestens dann weiß frau, warum Kühe so brüllen, wenn es Zeit zum Melken ist). Die überschüssige Milch sollte raus, das vereinfacht deinem Baby auch das Stillen wenn es wieder mag/kann, denn an einer prallen Brust ist das Andocken deutlich schwerer als an einer (teil-)entleerten. Erleichterung verschafft frau sich entweder mit Hilfe einer Milchpumpe oder mit dem händischen Ausstreichen der Milch nach einer leichten Brustmassage.

Wer mag, kann auch versuchen, die ausgestrichene Milch vom Löffel oder aus einem Gläschen zu füttern (das braucht etwas Übung – also nicht frustriert sein, wenn das nicht so easy klappt wie es klingt). Tipps zum stillfreundlichen Zufüttern findest du hier.

Das Ausstreichen von Milch ist nicht schwer. Mithilfe einer sanften Brustmassage löst du zuerst den Milchspendereflex aus, dann geht es fast von allein. Die Brustmassage kann z.B. so aussehen:

  1. Lege deine Handinnenflächen aneinander und reibe sie aneinander, um sie zu erwärmen.
  2. Als nächstes machst du die gleiche Bewegung – nur, dass sich zwischen den Händen nun die Brust befindet. So streichst du die Brust sanft an den Seiten.
  3. Dann legst du die Handinnenflächen aufeinander sodass die Fingerspitzen der einen Hand zum Handgelenk der anderen Hand zeigen. Dazwischen wieder die Brust und die und du machst dieselbe Bewegung.
  4. Zum Schluss streichst du mit den Fingern einer Hand die Brust rundherum sternförmig von außen nach innen.
  5. Das Ganze wiederholst du so lange, bis der Milchspendereflex beginnt. Danach kannst du z.B. mit dem Daumen einer Hand mit leichtem Druck die Milch aus der Brust ausstreichen.

Was hat dein Baby sonst so?

Jetzt weißt du hoffentlich, warum dein Baby manchmal die Brust anschreit und nicht stillen will.

Wie wäre es, wenn du demnächst schon weißt, was dein Baby von dir will BEVOR es schreit?

Neugierig? In meinem Babygeflüster-Kurs erkläre ich dir, woran du erkennst, was dein Baby gerade „hat“. Denn Babys kommunizieren ihre Bedürfnisse bis zu 20 Minuten BEVOR sie schreien.

Martina Hempel

Gründerin von Baby-Wegweiser.de

Ich bin dein Tour-Guide im Abenteuer Elternschaft. Drama, Hype und Panikmache sind mir fremd. Ich analysiere jede Situation, stelle die nötigen Fragen und liefere differenzierte und wohlüberlegte Lösungsansätze für deine Probleme. Mehr über Martina…