Warum schreit mein Baby? – Die wichtigsten Ursachen und Tipps

Warum schreit mein Baby?

Weinen ohne Grund?

Weinen Babys ohne Grund? Nein, definitiv nicht. Wer seinem Baby grundloses Schreien unterstellt, hat den wahren Grund bloß einfach noch nicht gefunden.

Es gibt viele Erklärungsansätze, warum ein Baby schreit. Viele davon sind richtig, einige gehen ein wenig an der Realität vorbei. Ich liefere dir einige, die du vermutlich noch nicht kennst und erkläre, warum andere gerne falsch interpretiert werden.

Ein Hauptgrund, warum Babys mit Weinen und Schreien auf sich aufmerksam machen ist, dass sie auf unerfüllte Bedürfnisse hinweisen wollen.

Der andere Grund ist, dass sie sich unwohl fühlen und ein anderes Problem sie plagt.

Dein Baby ist darauf programmiert, für sein eigenes Überleben zu sorgen, indem es sich jemanden zu Hilfe ruft, der ihm helfen kann, weil es selbst noch zu hilflos ist, um selber für sich zu sorgen. Das kann mittels Schreien und Weinen erfolgen. Allerdings erst in letzter Instanz, denn Schreien kostet wertvolle Energie, die eigentlich für Wachstum und die Gehirnentwicklung gedacht ist.

Fast alle Babys „flüstern“ vorher ihre Bedürfnisse – bringen sie also z.B. mit Körpersprache zum Ausdruck. Wenn du wissen möchtest, wie das aussieht, ist mein „Babygeflüster“-Kurs genau das Richtige für dich.

Schauen wir uns zunächst die Grundbedürfnisse an, die dein Baby hat, wenn es schreit.

Mein Baby hat da ein Bedürfnis

Mein Baby schreit – vermutlich hat es Hunger

Der Klassiker, der den meisten Eltern als Erstes einfällt, wenn ihr Nachwuchs zu krähen anfängt – und definitiv eine häufige Ursache fürs Schreien.

Vor allem Neugeborenen mit ihrem winzig kleinen Magen brauchen eher häufiger eine Milch als ältere Babys, die länger aushalten, und sollte unbedingt nach Bedarf gefüttert werden – egal ob mit Muttermilch oder Pre-Nahrung aus dem Fläschchen. Der Rhythmus aus früheren Zeiten, Babys nur alle 4 Stunden zu stillen, ist überholt.

Baby schreit beim Stillen

Du willst dein Baby also füttern. Aber dein Baby schreit die Brust an? Oder dein Baby schreit mit Brust im Mund? Oder dein Baby schreit an der Flasche?

Dann lies unbedingt meinen Artikel „Hilfe, mein Baby verweigert die Brust“! Denn auch dafür gibt es verschiedene Erklärungen und Lösungen.

Denn Hunger ist nicht der einzige Grund, weshalb Babys schreien. Und so entstehen Missverständnisse, die zu falschen Schlussfolgerungen führen. Mehr als einmal habe ich im Rückbildungskurs Mütter gehört, die verzweifelt waren, weil ihr Baby nicht an der Brust trinken wollte – und die dann aufs Fläschchen umgestiegen sind. Und ich raufte mir die Haare, weil ich wusste, dass es nicht an der Brust lag, sondern ein anderes Bedürfnis dahinter steckte.

Baby schreit aus Müdigkeit/Überreizung

Auch Müdigkeit oder Überreizung kann dafür sorgen, dass dein Baby ausgiebig schreit. Vor allem abendliche Schreiepisoden werden darauf zurückgeführt, dass Babys die Eindrücke des Tages mit Schreien verarbeiten. Mehr zu diesem Mechanismus findest du weiter unten.

Mythos: Mein Baby schreit, weil die Windel voll ist

Die meisten Menschen sind der Meinung, dass ihre Babys schreien, wenn sie eine volle Windel haben. Dem widerspreche ich. Wenn dein Babys nicht gerade einen wunden Po hat, der brennt, wenn er in Kontakt mit frischem Urin kommt, wird dein Baby sich an einer feuchten Windel gar nicht so sehr stören.

Babys schreien vielmehrschon vorher – nämlich weil sie mal müssen und sich oder ihre Bezugspersonen nicht beschmutzen wollen und ihre Ausscheidungen in einer bequemen Position loswerden wollen.

Deshalb ist es dir bestimmt auch schon mal passiert, dass dein Baby losgepullert hat, sobald du auf dem Wickeltisch die Windel abgemacht hast.

Mir ging es mit meiner ersten Tochter so, dass sie zappelig wurde und anfing zu schreien. Kurze Zeit später merkte ich, dass es in der Windel warm wurde und sie sich direkt wieder beruhigte.

Eine volle Windel solltes du natürlich trotzdem wechseln um die Haut deinen Babys zu schützen, aber vielleicht kannst du es bei der Gelegenheit nochmal übers Klo oder Töpfchen halten?

Hat mein Neugeborenes Bauchweh?

Direkt mit der Vermutung „volle Windel“ verbunden ist der Glaube „Das Baby weint – vermutlich hat es Bauchweh!“. Dabei werden meistens weder die Ursachen richtig erkannt noch die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Denn Babys weinen durchaus, weil sie Bauchschmerzen haben. Aber eher nicht, weil Mama blähenden Kohl gegessen hat oder die Darmflora so unreif ist oder das Baby zu viel Luft geschluckt hat. Sondern – und das hast du vermutlich noch nicht so oft gehört – weil Babys ihre Ausscheidungen zurückhalten, solange sie in Windeln und Babysachen eingepackt sind.

Du kennst das vielleicht aus dem Urlaub. Wenn du längere Zeit nicht aufs Klo gehen konntest, weil der Darm aus dem Rhythmus gebracht wurde, weißt du, wie unangenehm es ist, Stuhlgang länger einzuhalten. Blähungen und Hartleibigkeit machen uns Erwachsenen dann ganz schön zu schaffen. Bei Babys ist es nicht anders!

Vorreiterin dieses Wissens ist Ingrid Bauer, die mit ihrem Buch „Es geht auch ohne Windeln!: Der sanfte Weg zur natürlichen Babypflege“ den Grundstein für die Windelfrei-Bewegung gelegt hat. Babys haben Kontrolle über ihre Ausscheidungen – auch wenn uns die Windelindustrie etwas anderes erzählen will – und wir tun gut daran, auf dieses Bedürfnis einzugehen. Wenn dich das interessiert, lies gerne hier noch weiter zum Thema Windelfrei.

Du kannst dein Baby gerne im Fliegergriff durch die Wohnung tragen oder eine Bauchmassage machen – sollte das keinen Erfolg bringen, würde ich dir dringend empfehlen, dein Baby abzuhalten.

Schreien Babys aus Langeweile?!

Beim Wort Langeweile muss ich immer an deutlich ältere Kinder denken, die am Sonntagnachmittag auf dem Sofa hängen und sagen „Mir is laaangweilig“. Und da kommen dann auch immer gleich schlaue Pädagogen, die sagen „Jaja, den Kindern soll auch mal langweilig sein, weil sie sich dann überlegen, was sie tun und ausprobieren können, ohne passiv bespaßt zu werden.“

Ich glaube nicht, dass Babys dieses Gefühl der Langeweile empfinden können. Und in diesem Stadium zu erwarten, dass sich ein Baby auch mal selbst beschäftigt, ist von den meisten Babys zu viel verlangt.

Baby schreien und quengeln m.E. deshalb, weil sie Ansprache und Zuwendung brauchen. Der Kontakt zu anderen Menschen – vor allem Körperkontakt und der aktive Dialog mit ihren Bezugspersonen ist für Babys ein Grundbedürfnis und überlebensnotwendig. Ein Baby abzulegen und zu erwarten, dass es dort ruhig liegen bleibt und sich selbst beschäftigt, entspricht nicht dem steinzeitlich geprägten Babygehirn. In Zeiten der Jäger und Sammler waren Babys immer dabei und immer am Körper eines Erwachsenen.

Spielzeug und Musik aus der Konserve sind bei vermeintlicher Langeweile höchstens eine Ergänzung aber kein adäquater Ersatz für menschliche Zuwendung!

Mein Baby hat da ein Problem

Wann zum Arzt, wenn das Baby viel schreit?
- Mein Baby schreit vor Schmerzen

Wenn dein Baby bereits in den ersten Tagen nach der Geburt viel schreit, solltest du in der Klinik abklären lassen, ob es organische Ursachen für das Schreien gibt. Vielleicht hat sich dein Baby bei der Geburt das Schlüsselbein gebrochen, sich etwas verrenkt oder blockiert.

Natürlich schreien Babys auch vor Schmerzen, wenn sie sich gestoßen haben oder krank sind.

Wenn andere Symptome zum Schreien dazu kommen wie Fieber, Ausschlag oder rote Wangen, solltest du dich mit deinem Baby an eure Kinderärztin bzw. euren Kinderarzt wenden.

Eine Ohrenentzündung macht sich z.B. dadurch bemerkbar, dass sich Babys nicht mehr auf die Seite legen lassen und nur noch in aufrechter Position gehalten werden wollen.

Und auch wenn dein Baby schon seit Stunden ununterbrochen schreit und du absolut keine Idee mehr hast, woran es liegen könnte – geh zum Arzt!

Mein Baby schreit wegen einer traumatischen Schwangerschaft/Geburt

Viele Frauen erleben die Geburt ihres Kindes als traumatisches Ereignis. Was dramatisch klingt muss nicht unbedingt die Erfahrung von direkter Gewalt bedeuten. (Ungewollte) Eingriffe in den Geburtsverlauf durch einen Wehentropf, eine PDA oder der Einsatz von Zange oder Saugglocke bis hin zum Notkaiserschnitt hinterlassen häufig ein Gefühl von Hilflosigkeit, Unfähigkeit und einen Berg an Selbstvorwürfen. Manchmal kann direkt nach der Geburt kein Bonding stattfinden, weil das Baby medizinisch versorgt werden muss. Oder das Baby muss später aufgrund mangelnder Reife in den Inkubator.

All diese Erfahrungen beeinflussen sowohl Eltern als auch das Baby. Nicht wenige Babys schreien sich den Kummer und Stress aus dem Leib.

Mein Baby schreit, es ist hochsensibel

Einige Babys schreien sehr zeitig, weil sie hochsensibel sind und schnell überreizen. Was für andere Babys kein Problem ist, setzt hochsensible Babys unter Stress. Das fängt bei kratziger Kleidung an und hört bei optischen und akustischen Reizen aus der Umgebung nicht auf. Hochsensible Babys brauchen häufiger Rückzug und Reizreduktion, sonst reagieren sie mit vermehrtem Schreien.

Wie dein Baby schreit – Schreien unterscheiden

Schreien ist hochgradig individuell

„Erst ein kurzer Ankündigungsschrei, dann eher durchgängig und hochfrequent – und das heißt dann, dass dein Baby Hunger hat.“ Ähmmm, naja, nee, eher nicht.

Ich habe es nie besonders gut hinbekommen, die verschiedenen Schreie meiner Babys den zugehörigen Bedürfnissen zuzuordnen.

Es ist allgemein verdammt schwierig zu beschreiben, wie Babyschreien klingt und was genau es dann zu bedeuten hat. Da kommen verschiedene Faktoren zusammen. Nicht zuletzt ist das Schreien deines Babys Ausdruck des individuellen Charakters – denn den bringen Babys auf jeden Fall mit. Kein Baby ist wie das andere, egal, ob wir sie völlig gleich behandeln. Und so unterscheiden sich Babys auch im Schreien.

Dunstan Reflexlaute - Dunstan Baby Language

Eine Systematik in das Schreien von Babys reinzubringen ist bislang nur Priscilla Dunstan gelungen. Die gelernte Opernsängerin aus Australien hat dank ihres fotografischen Gedächtnisses für Melodien 5 spezifische Schreilaute aus sehr jungen Babys „herausgelauscht“  und mit wissenschaftlichen Studien bestätigt, dass diese Laute weltweit universell von allen Babys gemacht werden, da sie sich aus den Reflexen ableiten.

Die Laute stehen für Hunger, Bäuerchen, Müdigkeit, Bauchschmerzen und allgemeinem Unwohlsein (z.B. bei Kälte). Allerdings verlieren sich die Reflexlaute innerhalb der ersten Monate, insbesondere, wenn du nicht korrekt auf sie eingehst. Mehr über Dunstan Babysprache kannst du hier erfahren.

Aber hier die gute Nachricht: du musst gar nicht auf die verschiedenen Schreilaute hören, wenn du es schaffst, die Bedürfnisse deines Babys zu stillen BEVOR es anfängt zu schreien. Denn Babys kommunizieren ihre Bedürfnisse zum Teil bis zu 20 Minuten nonverbal – also ohne zu schreien. Und auch das lässt sich lernen.

Ist Schreien für Babys schädlich?

Grundsätzlich ist Schreien bzw. Weinen eine Form der Kommunikation – also grundsätzlich erst mal nicht schädlich für dein Baby.

Es kommt darauf an, wie lange das Schreien anhält und ob du für dein Baby da bist, wenn es schreit.

Wie lange darf ich mein Baby schreien lassen?

Wenn möglich, solltest du dein Baby gar nicht schreien lassen.

Damit meine ich jetzt nicht die Zeit, die du brauchst um dir auf dem Klo den Hintern abzuwischen, die Hose hochzuziehen und die Hände zu waschen, bevor du dich um dein Baby kümmerst.

Und auch nicht die Zeit, in der du dir unter der Dusche das Shampoo aus den Haaren spülst und dich abtrocknest bevor du dein Baby auf den Arm nehmen kannst.

Und ich meine auch nicht die Zeit, in der du versuchst herauszufinden, was dein Baby jetzt eigentlich hat, während du es auf dem Arm hast.

Manchmal lässt es sich einfach nicht vermeiden, dass dein Baby auch mal schreit und du nicht sofort Abhilfe schaffen kannst. Mach dir deshalb keine Sorgen. Die Welt ist nicht perfekt und du musst es auch nicht sein!

Schlaflernprogramme und kontrolliertes Schreien lassen

Hochgradig problematisch sind hingegen Programme und Methoden wie „Ferbern“ oder „Jedes Kind kann schlafen lernen“, die darauf abzielen, absichtlich und bewusst das Baby schreien zu lassen und nicht zum Baby ins Zimmer zu gehen und es auf den Arm zu nehmen, damit es lernt, sich eigenständig „zu beruhigen“ oder „eigenständig“ einzuschlafen oder sich in Geduld zu üben und sich selbst nicht so wichtig zu nehmen.

Leider funktionieren diese Programme tatsächlich – allerdings anders als man sich das wünschen würde. Die Babys hören irgendwann tatsächlich auf zu schreien. Die meisten Babys legen vorher aber nochmal ihre komplette Energie in einen letzten Hilferuf – einige Babys schreien bis zum Erbrechen oder bis zur Ohnmacht.

Ab einem bestimmten Punkt versucht der Körper sich selbst zu schützen und fällt in eine Art Schutzstarre. Die britische Psychologin Philippa Perry schreibt dazu: „Wenn sich Babys in ihrer Not nicht wahrgenommen […] fühlen, spalten sie den Stress offenbar ab, um sich von ihm abzuschotten.“ Der Cortisolspiegel bei den Babys, die dann in eine Art Schutzstarre fallen, wenn niemand auf ihr Weinen reagiert, bleibt dabei weiterhin hoch.

Wird das Schreienlassen weiterhin praktiziert, tritt ein Gewöhnungseffekt ein. Das Baby gibt auf, seine Bedürfnisse zu kommunizieren. Eine trügerische Ruhe, denn das Baby hat weiterhin ein Problem. Die Eltern sehen aber keinen Anlass mehr, aktiv zu werden, da das Baby nicht mehr schreit.

Baby schreien lassen – warum das keine gute Idee ist

Was im Körper deines Babys passiert, wenn es lange schreien muss

Wenn ein Baby schreit, werden im Körper Stresshormone ausgeschüttet – z.B. Cortisol, das dafür sorgen soll, dass unser Körper mit einer Angriff- bzw. Fluchtreaktion auf eine bedrohliche Situation reagieren kann. Das passiert, indem Eiweiß aus den Muskeln und Fettreserven im Körper aufgelöst werden und in schnell verfügbaren Zucker umgewandelt werden.

Cortisol hemmt Entzündungsprozesse im Körper und unterdrückt das Immunsystem (deshalb wird es als Medikament Cortison z.B. bei Autoimmunkrankheiten eingesetzt). Wenn dauerhaft zu viel Cortisol im Blut unterwegs ist, kann das Immunsystem nicht richtig arbeiten. Gestresste Babys, die viel Schreien, werden häufiger krank. Und langfristig können auch die Knochen darunter leiden, da Cortisol für eine Ausdünnung der Knochen sorgt (Stichwort Osteoporose).

Außerdem werden Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, die dafür sorgen, dass das Herz schneller schlägt und die Lunge und die Skelettmuskulatur besser durchblutet werden. Alle anderen Organe (z.B. die Verdauung) vernachlässigt der Körper in diesem Augenblick. Für Kinder und Erwachsene mag dies eine wichtige und sinnvolle Reaktion unseres Körpers auf akute Bedrohungen sein, um bei Gefahr mit Flucht oder Angriff zu reagieren. Kleine Babys können aber weder wegrennen noch kämpfen.

Baby schreien lassen – körperliche Langzeitfolgen

Wenn ein Baby häufig und lange schreit, hat das Folgen. Sie entwickeln eine Art Daueranspannung. Kinder, die nicht beruhigt wurden, weinen häufiger und länger.

Die Gehirnentwicklung ständig schreiender Kinder verläuft schlechter als die von Kindern, die durch elterliche Zuwendung weniger gestresst sind. Und auch das Wachstum und die Lernfähigkeit dieser Kinder bleibt unter ihrem Optimum.

Das Immunsystem leidet unter Dauerstress und kann nicht gut arbeiten. Das kennst du vielleicht, wenn du nach einer besonders stressigen Arbeitswoche im Urlaub erstmal krank wirst, weil das Immunsystem jetzt seine Rechte einfordert.

Baby schreien lassen - psychische und emotionale Langzeitfolgen

Aber auch auf die Psyche wirkt sich das Schreien lassen aus. Wird auf die Nöte der Babys nicht mit einer passenden Reaktion eingegangen, leidet die Bindung zwischen Kindern und Bezugspersonen. Das Baby wird verunsichert. Es weiß nicht, ob es Hilfe erwarten kann, wenn es darum bittet. Einige Babys resignieren, ziehen sich zurück und sind auch als Kleinkinder eher misstrauisch und bleiben auf sich allein gestellt, andere verstärken ihre Bemühungen und werden später zu lauten aber unsicheren Kleinkindern. Diese Erfahrungen aus den ersten Monaten und Jahren prägen Menschen ihr ganzes Leben lang und beeinflussen die Art der Beziehungen, die sie mit anderen Menschen führen können.

Babys, die einem Schlaflernprogramm unterzogen werden, entwickeln häufig Schlafprobleme, die sich zu späteren Zeitpunkten – im Schul- oder Erwachsenenalter – bemerkbar machen. Sie verbinden das einsame Einschlafen mit etwas negativem und haben oft Schwierigkeiten, sich zu entspannen.

Auch Lernprobleme werden mit der fehlenden Reaktion auf das Schreien als Baby in Verbindung gebracht.

Wie oft und wie viel schreien Babys?

Wann schreit das Baby weniger? Wann wird es ruhiger?

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat die durchschnittliche Schreidauer von kleinen Babys in einer Übersicht zusammengefasst. So schreien Babys zwischen der 2. und 6. Lebenswoche durchschnittlich 1,5 Stunden, danach wird es ein wenig schlimmer und die Babys schreien durchschnittlich 2,5 Stunden pro Tag. Etwa ab der 16. Lebenswoche, also mit etwa 4 Monaten, reduziert sich das Schreien auf durchschnittlich 1 Stunde pro Tag.

Wie so oft, sind Durchschnittswerte nur wenig hilfreich, wenn man das Gefühl hat, das eigene Baby schreit sehr viel. Der Vergleich mit dem Durchschnitt sorgt dann eher für Frust. Aber vielleicht hilft es dir, zu verstehen, warum dein Baby in der Anfangsphase besonders viel schreit:

Warum schreien Babys in den ersten Monaten so viel? – Das 4. Trimester

In den ersten zwei Wochen sind Neugeborene häufig noch recht ruhig und erschöpft nach der anstrengenden Geburt.

Grundsätzlich sind die ersten drei Lebensmonate deines Babys die klassische Zeit für das große Geschrei. Diese Phase wird gerne auch das 4. Trimester genannt wird, weil Babys eigentlich noch 3 weitere Monate im Bauch verbringen müssten, um halbwegs fertig auf die Welt zu kommen. In dieser Phase muss dein Baby noch „ausreifen“. So ist z.B. die Zirbeldrüse noch nicht funktionsfähig, die das Hormon Melatonin produziert und für einen Tag-Nacht-Rhythmus sorgt. Die 24h Vollpension in perfekter Temperatur und angenehmer Geräuschkulisse in der Gebärmutter sind mit der Geburt abrupt beendet und so manches Baby wird von „Gebärmutterheimweh“ geplagt, was sich mit verstärktem Schreien äußert.

Ist mein Baby ein Schrei-Baby?

Nahm man früher die sogenannte 3er-Regel (länger als 3 Stunden pro Tag, an mindestens 3 Tagen pro Woche, über 3 Wochen hinweg) zur Hand um einzuschätzen, ob ein Baby ein Schreibaby ist, wird heute eher nach der subjektiven Einschätzung der Eltern gegangen. Wenn du das Gefühl hast, dein Baby schreit viel und vielleicht auch deutlich mehr als andere Babys, dann ist das berechtigt.

Bei den meisten Schreibabys legt sich das exzessive Schreien meist nach Abschluss des 4. Trimestern, wenn es eine körperliche Reife gewonnen hat, mit der es sich auf der Welt besser zurecht findet.

Für die meisten Eltern ist die Aussicht auf 3 Monate Dauerschreien wenig attraktiv.

Schreiambulanzen oder Einrichtungen, die Emotionale Erste Hilfe anbieten, können die richtigen Anlaufstationen sein, um sich professionelle Hilfe zu besorgen.

Was tun, wenn Baby sich nicht beruhigen lässt?

Wenn Baby schreit und sich nicht beruhigen lässt, kläre zunächst ab, ob alle grundlegenden Bedürfnisse erfüllt sind – also die Klassiker Hunger, Müde, Kalt – aber auch, ob das Baby mal muss (nicht zu verwechseln damit, ob es eine volle Windel hat – die sollte natürlich auch getauscht werden).

Wenn das Baby dann immer noch schreit und du weißt nicht, was du noch machen kannst, solltest du es trotzdem nicht sich selbst überlassen.

Wie du ein schreiendes Baby beruhigen kannst, erkläre ich dir ganz ausführlich in meinem „Babygeflüster“-Kurs, im Abschnitt „Notfallplan“.

Du musst dein Baby nicht schreien lassen!

Babys schreien vor allem dann, wenn nicht rechtzeitig auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird.

Es ist ein bisschen so, als würdest du einer Freundin etwas erklären, aber sie hört dich nicht. Was tust du als nächstes? Du sprichst etwas lauter. Wenn sie immer noch nicht reagiert, wirst du sie vielleicht direkt ansprechen (noch etwas lauter) oder gar rütteln, damit sie dir zuhört. Und dann reagiert sie ganz verblüfft und sagt: „Schrei mich doch nicht so an!“

So ähnlich geht es den meisten Babys. Sie kommunizieren zunächst sehr leise und wenn niemand reagiert, werden sie aktiver und fangen schließlich an zu schreien. Die meisten Eltern sind dann ganz verblüfft und denken sich: warum schreit es denn nur so laut?

Babys wollen zum einen ihre Bedürfnisse gestillt bekommen. Zum anderen wollen sie „Energie sparen“ und ihre Zeit nicht mit kräfteraubender Schreierei verbringen.

Du kannst lernen, die zeitige Kommunikation deines Babys zu verstehen – mit meinem „Babygeflüster“-Kurs.

Babys beruhigen

Stresssituation für das Baby auflösen – Oxytocin hilft

Ich hatte weiter oben beschrieben, was im Körper deines Babys passiert, wenn es lange schreien muss, ohne dass jemand darauf eingeht. Vor allem die Stresshormone Cortisol und Adrenalin fluten den Körper deines Babys und versetzen es in einen Flucht- oder Angriffsmodus.

Ein Gegenspieler zu den Stresshormonen ist das sogenannte „Kuschelhormon“ Oxytocin. Werdende und frisch gebackene Eltern wissen, dass es für die Wehentätigkeit unter der Geburt und den Milchfluss beim Stillen sorgt. Es bewirkt aber auch Entspannung und ein Absinken des Blutdrucks – und damit das Gegenteil dessen, was Adrenalin bewirkt.

Die schädlichen Wirkungen der Stresshormone lassen sich mit Oxytocin quasi ausgleichen.

Oxytocin wird ausgeschüttet durch angenehmen Körperkontakt wie Streicheln, Kuscheln und Wärme und bei Babys auch durch Saugen. Angenehme Geräusche wie sanfte Musik können die Oxytocinproduktion anregen.

Wenn du deinem Baby helfen möchtest, sich zu beruhigen und Stress durch Schreien abzubauen, solltest du es vor allem auf den Arm nehmen und mit ihm kuscheln. Auch Nuckeln bzw. Stillen helfen deinem Baby, sich zu beruhigen.

Schreien lassen vs. Weinen dürfen

Aber auch das Weinen an sich sorgt dafür, dass der Oxytocinspiegel im Blut steigt und der Cortisolspiegel sinkt. Das kennst du bestimmt, wenn du nach einer Schrecksituation weinen musstest. Danach haben sich Stress und Anspannung häufig gelöst.

Insofern kann Weinen Babys auch dabei helfen, stressige Situationen zu verarbeiten.

Allerdings solltest du dein weinendes Baby immer durch deine körperliche Anwesenheit unterstützen.

Es ist manchmal schwer zu unterscheiden, ob dein Baby schreit, weil es ein unerfülltes Bedürfnis hat, oder weil es Stress abbauen muss. Deshalb empfehle ich dir, zunächst nachzuschauen, ob zumindest alle wichtigen Bedürfnisse deines Babys gestillt sind. Anschließend solltest du dein Baby so lange halten, bis es sich beruhigt hat.

Wenn du lernen möchtest, wie du auf die verschiedenen Bedürfnisse deines Babys richtig reagierst, erkläre ich es dir gern in meinem „Babygeflüster“-Kurs.

Wenn du es nicht aushältst, dich um dein schreiendes Baby zu kümmern

Ein schreiendes Baby zu hören, lässt vor allem Eltern nicht kalt. Es löst große Unruhe aus und das dringende Bedürfnis, etwas zu unternehmen. Und deshalb ist es auch so wichtig und sinnvoll, dass Babys so lange schreien, bis ihre Bedürfnisse erfüllt sind und nicht etwa schon vorher aufhören. Denn sonst würde der elterliche Aktivitätsdrang sofort erlöschen und wir würden uns entspannt zurücklehnen – das Baby schreit ja nicht mehr.

Während einige Eltern es gut schaffen, für ihre schreienden Babys der Fels in der Brandung zu sein und das Stressabbau-Schreien auszuhalten, fällt es manchen Eltern extrem schwer ruhig zu bleiben und sich von den starken Emotionen ihres Babys anstecken zu lassen.

Dahinter stecken manchmal traumatische Erlebnisse aus der eigenen Kindheit – wenn die eigenen Eltern der damals weit verbreiteten Ansicht nacheiferten, das Baby sei ein Haustyrann und man dürfe dem Schreien des Babys auf keinen Fall nachgeben, um die Machtprobe nicht zu verlieren.

Viele Eltern verspüren neben Hilflosigkeit häufig auch eine große Wut auf das schreiende Baby, da sie sich selbst in diese hilflose Situation zurückversetzt fühlen.

Hier ist es wichtig, die aufkommenden Emotionen ernst zu nehmen, sich selbst möglichst liebevoll zu umsorgen, sich Hilfe zu suchen und das Baby im Zweifelsfall kurz einer anderen Person anzuvertrauen, bis man wieder Herr über die eigenen Emotionen ist.

Martina Hempel

Gründerin von Baby-Wegweiser.de

Ich bin dein Tour-Guide im Abenteuer Elternschaft. Drama, Hype und Panikmache sind mir fremd. Ich analysiere jede Situation, stelle die nötigen Fragen und liefere differenzierte und wohlüberlegte Lösungsansätze für deine Probleme. Mehr über Martina…