Windelfrei ist eins meiner Lieblingsthemen – es ist ein bisschen wie mit diesen Clickbaiting-Überschriften: „Diesen Trick hat dir noch keiner verraten!“. Ein Geheimwissen, mit dem man die Menschen verblüffen kann und auch wenn sie sehen, dass es funktioniert immer noch ungläubig dastehen. Wie beeindruckt Menschen sind, wenn man zwischendurch, scheinbar unvermittelt, das Kind untenrum frei macht und auf ein Töpfchen setzt oder über die Kloschüssel hält und es dann tatsächlich plätschert! Dabei fände ich es viel besser, wenn alle jungen Eltern Bescheid wüssten.
Windelfrei ist nicht Töpfchentraining
Windelfrei ist ein populärer Name für den sperrigen Begriff „Ausscheidungskommunikation“ (vom Englischen „elimination communication“). Gleich vorweg: Dabei geht es nicht um Töpfchentraining und auch nicht um den Anspruch, das Kind zeitig „trocken und sauber“ zu bekommen! Und es geht auch nicht darum, dass niemand seinem Baby mehr Windeln ummachen sollte! Und auch nicht, möglichst viele Windeln einzusparen – auch wenn das ein positiver Nebeneffekt sein könnte (siehe auch: Die Windelfrei Challenge)
Windelfrei basiert auf der Überzeugung, dass Babys sehr wohl wissen, wann ihre Blase voll ist und der Darm entleert werden will, dass sie grundsätzlich in der Lage sind, ihre Schließmuskel zu kontrollieren UND dass sie das Ganze auch kommunizieren – manchmal subtil und manchmal lautstark. Die Konsequenz daraus heißt, dass man – immer wenn es sich einrichten lässt – auf das Bedürfnis seines Babys eingeht und ihm ermöglicht, sich ohne Windel zu erleichtern (z.B. ins Klo oder in ein Töpfchen).
Es ist schon länger her, und ich weiß schon gar nicht mehr warum, aber irgendwann wurde beim Kinderarzt von meinem Baby-Kind (es war vielleicht 2 oder 3 Monate alt) eine Urinprobe benötigt. Die Krankenschwester begann zu erklären, dass wir da ein Beutelchen in der Windel anbringen würden und ich dann mal eine Runde spazieren gehen sollte und wenn wir ganz viel Glück hätten und das Klebebändchen mit dem Beutelchen nicht arg verrutschen würde… Ich winkte freundlich lächelnd ab und bat um ein Töpfchen. Einmal stillen später konnte ich kurz darauf ein volles Pipi-Töpfchen vorzeigen und mich über den irritiert-beeindruckten Blick der Krankenschwester freuen.
Martina (Baby-Wegweiser)
Warum ist das Ganze noch nicht Mainstream?
Wenn ich kopfschüttelnd lese, dass Kinderärzte immer noch raten, nicht vor dem 2. Geburtstag mit dem Töpfchen anzufangen ist das vermutlich einfach der Gewohnheit geschuldet, dass es einfach „schon immer so gemacht wurde“.
Auch der Gedanke, dass es eine Errungenschaft sei, sein Kind in Windeln zu stecken, die Ausscheidungen darin zu sammeln, sie dann vom Po zu wischen und das Ganze in die Mülltonne zu werfen ist einfach so selbstverständlich, dass es niemandem in den Sinn kommt, dass es anders sein könnte.
Dabei gibt es ganze Gesellschaften (ja, ok, in wärmeren Gegenden), die ohne Windeln auskommen und ihre Kinder abhalten, damit sie sich erleichtern können.
Kommunikationsmissverständnisse
Ich bin der festen Überzeugung: Wenn bei mehr Menschen das Bewusstsein dafür da wäre, dass ihre Babys auch dann meckern/schreien, wenn sie mal müssen, würden sich viele Probleme in Luft auflösen. Klassiker wie „mein Baby wollte nie in die Trage, da hat es immer geschrien“ oder „mein Baby meckert die Brust an und will nicht mehr gestillt werden“ sind in meinen Augen ganz oft unerkannte Äußerungen, dass Babys aufs Klo wollten.
Die Konsequenzen sind eigentlich erschütternd, wenn man es sich genau bedenkt: „Ich wollte eigentlich nur mal aufs Klo, aber weil es niemand begriffen hat, krieg ich jetzt Fläschchen.“ Oder „Ich mag in der Trage nicht kacken, und weil ich deswegen geschrien habe, lieg ich jetzt im Kinderwagen, obwohl Kuscheln total super ist.“
Regelmäßiges Abhalten kann dein Kind von schmerzhaften Blähungen und Koliken befreien und den Einsatz von all den Magentropfen und probiotischen Mittelchen, die aus lauter Verzweiflung Einsatz finden, überflüssig machen! Die angehockten Beine erleichtern Ausscheidungen einfach ungemein.
Und auch das ganze Drama um die Frage „wann soll ich jetzt mit dem Töpfchen anfangen“ würde sich erübrigen. Man müsste dem Kind nicht erst wieder angewöhnen, auf ein natürliches Bedürfnis zu hören, das es von Geburt an hatte, das aber immer ignoriert wurde, bis es selbst nicht mehr darauf geachtet hat.
Wie du mit Windelfrei anfangen kannst und welche Signale dein Baby macht, findest du z.B. hier:
https://geborgen-wachsen.de/wachsen/uber-windelfrei-babys-ohne-windeln
Buchempfehlung
Ingrid Bauer: Es geht auch ohne Windeln! Der sanfte Weg zur natürlichen Babypflege.
Wenn du wissen möchtest, welche anderen Optionen du neben Windelfrei im Umgang mit deinem Baby hast, lade ich dich herzlich in meinen Onlinekurs ein: Baby-Wegweiser Onlinekurs.
Pingback: Mein Baby verweigert die Brust! - Baby-Wegweiser